Brandy Butler and the Fonxionares
Rhythm’n‘Blues steht heute primär für Videoclips mit nacktem Frauenfleisch und der Wert der Dollarnote liegt bald so tief, dass wir uns damit gerade noch so knapp den Bierschaum von der Lippe wischen. Doch selbst in diesem Schlamassel – etwas lassen sich die USA nie mehr nehmen: das Erbe der goldenen Motown-Ära von Smokey Robinson, The Supremes, The Commodores. Und im Verwalten amerikanischer Schätze, da waren die Schweizer schon immer besonders gut.
The Fonxionaires setzen auf ihrem ersten Longplayer „Don’t Want Nothing“, der am 4. November erscheint, an der Wurzel an. Jeder einzelne der 14 Tracks ist ein Ticket für die Zeitreise nach damals, als der Blues noch Dreck unter den Nägeln hatte und „Jazz“ unter Jungen und Wilden noch nicht als Schimpfwort galt. Was Stu Stiffler, Don Raffaele und Li Capone aus ihren Bläsern pusten, klingt in furiosen Momenten wie „How Do You Feel“ schon fast, als hätte der Punk das Notenlesen gelernt. Als Rhythmus-Fraktion rumpelt mit Brooklyn Bobby an den Drums, Hard Workin‘ Mista Dom Doodle an der Gitarre und Fred am Bass ein felsenfestes Rock’n’Roll-Bollwerk. Und P. Ibn Ibrahim kitzelt Melodien aus der Orgel, in denen das Echo einer Ära widerhallt, lange bevor sich ein Hit über die Anzahl Youtube-Klicks definierte.
Über den diesen Soundteppich schmiegt sich –mal flauschig wie ein junges Kätzchen, mal rau wie Schmirgelpapier – eine Stimme, die sich in vier Buchstaben zusammenfassen lässt: S-O-U-L. Samt dickem Ausrufezeichen dahinter. Gehören tut sie Brandy Butler, die in der Peripherie Philadelphias aufgezogen wurde, von einem musikvernarrten Vater, an der Quelle des Neo-Soul-Revivals. Sie sang praktisch, bevor die sprechen konnte und importiert diese Inspiration nun unverfälscht vors Mikrophon: Jede Zeile so schwarz und bittersüss wie italienischer Espresso. Handeln tun sie von ewiger Liebe, die dann vielleicht doch nur bis zum Sonnenaufgang dauert. Von zu viel Gin und Tonic in zugequalmten Kellerlöchern. Schön, so etwas, in einer Zeit von Nulltoleranz und Rauchverbot.