Es ist kein langsamer Walzer, aber auch kein hastiger Paso Doble - es ist eine ganz eigene Choreografie, die Rapper Radical mit seinem Album “Letschtä Tanz” offenbart. Der alte Fuchs kann es immer noch, das müsste der Glarner im Track “Duräschnufe” gar nicht rappen, das wird beim Durchhören des Albums klar. Es ist das vierte Soloalbum des Musikers und das bisher tiefgründigste. Die Ehrlichkeit und Offenheit, die der 39-jährige in seine bisherige Werke gepackt hat, findet in “Letschtä Tanz” den bisherigen Höhepunkt. In den 18 Tracks des Albums lässt Radical tief blicken und schlägt immer wieder persönliche, ruhige und ehrliche Töne an. Das Herzstück des Albums ist der zweitletzte Track, der gleichzeitig auch Namensgeber des ganzen Albums ist. Es ist wohl auch auf die sehr persönlichen Texte zu führen, dass Radical auf seinem Album mit nur drei Featuringtracks auskommt: mit Shpoiz, DJ Aldäwaldä, Merlo und Luryx. Trotz der Zwischenzeitlichen Ernsthaftigkeit, die “Letschtä Tanz” hat, die Beatmaker Davide Vittorini, Marco Wolf, Elmir Duljaj, Oemer Sinan Topcu, Jackson Kleaveland, Yannick Tinner und Benedikt Waldheuer haben es geschafft, ein rundes Gesamtwerk zu schaffen. Die Scratches von DJ Blackflame, DJ Black’em und DJ Aldäwaldä?? komplementieren das Werk. Mal mit einem minimalistischen Beat wie bei “Medizinmaa”, mal aufwändig und komplex (“Letschtä Tanz”). Nicht nur in seinen Texten verbindet Radical vergangene Erinnerungen mit der Gegenwart und dem Blick in die Zukunft, auch die Tracks des Albums spiegeln eine grosse Zeitspanne des Hip Hops wider. Dabei wirkt nichts unecht, seien es die fetten Boombap Beats, die einem unwillkülrich zum Mitnicken bewegen (“24H feat. Shpoiz & DJ Aldäwaldä”), oder poppigere Beats (“Flugmodus”, “Langä Weg” und “Vieli Frage”). Radical macht sein Ding, modernen oldschool Hip Hop und damit das, was er im ersten Track des Albums sagt, den Zigerschlitz, das Glarnerland, representen. Das energetische Outro lässt die Hörerin und den Hörer nach “Letschtä Tanz” aber keinesfalls leer schluckend und mit Melancholie in der Brust zurück. Der energetische Beat zum Schluss zusammen mit den selbstreflektierten Worten von Radical lassen einem nach vorne Blicken - und sich schon auf Album Nummer fünf freuen.