Ein Bohemian Breakfast, meine Damen und Herren, besteht aus einer Tasse Kaffee und einer Zigarette. Es kann in verschiedenen Variationen frühmorgens, nach den Mahlzeiten oder in Arbeits- und Unterrichtspausen genossen werden. Sänger Fabio A. und Gitarrist Béla R. trafen sich 2010 vor der Universität Zürich bei diesem ihrem liebsten Pausenritual und stellten neben vielen weiteren Vorzügen beim Gegenüber einen ausserordentlich guten Musikgeschmack fest. Und da beide bereits seit einigen Jahren songwriterisch dilettiert hatten, lag der Entschluss nahe, zukünftig gemeinsam zu musizieren, besonders, da beide zu faul waren, das Gitarrenspiel bzw. den klassischen Gesang zu erlernen und ihre künstlerischen Ambitionen solo zu verfolgen. Bald entstanden erste Lieder über das Leben junger Männer, die Liebe, die körperliche Liebe, das Fern- und Heimweh, die Liebe und weitere Wehwehchen, bald auch wurden schmerzhaft weitere Musiker vermisst, die den Liedern weitere Tiefe, Breite und Substanz verleihen könnten. Als dritte im Bunde gesellte sich so bald Bassistin Mery W. dazu, bereicherte die frühen Wohnzimmerproben von Bohemian Breakfast um die erhoffte Tiefe und die Gesangsparts um unverhoffte Höhen. Auch Pianist David I. stiess zu jener Zeit zur Band, brachte profundes musikalisches Wissen, jahrelange praktische Erfahrung mit und den anderen Amateuren Akkorde bei, die sie bisher nur aus Angstträumen kannten. Das Repertoire der jungen Band wuchs im ersten Jahr ihrer Existenz rasant an, die beiden Hauptsongwriter Fabio A. und Béla R. stimulierten sich in kindischem Konkurrenzkampf gegenseitig, wagten Stilexperimente von Pop bis Punk, von Country bis Techno, stahlen Material bei in Vergessenheit geratenen Bands ebenso wie aus der Hitparade, legten sich aber mit den Jahren eine unverkennbare musikalische Handschrift zu.
Auch ein Probelokal ohne Rauchmelder und mit Kaffeemaschine (die Hauptanforderungen jeder ernst zu nehmenden Rockband an einen Bandraum) wurde nach einigen Bemühungen gefunden, die Mitmieter bald rausgeekelt und halbdefektes bis schrottreifes Equipment angeschleppt. Den hoffnungsvollen jungen Narren fehlte nunmehr also bloss ein Schlagzeuger zum vollkommenen Glück (d.h. dem Konzert vor 20-30 besoffenen Bekannten in der Vorstadtkneipe.) Mit viel Überzeugungskraft, Bestechungsversuchen, milden Drohungen und sanfter Gewalt konnte die vakante Stelle 2012 durch Damiàn D. besetzt werden, der nicht nur die Musik von Bohemian Breakfast verstand und zu bereichern vermochte, sondern - oh Freude - ebenfalls schwer nikotin- und koffeinabhängig war. Die Band war komplett. Konzerte folgten, erst privat in illegalen Kneipen, an Parties, kleineren Openairfestivals, später Demoaufnahmen, Auftritte als Vorband im Luzerner Treibhaus, schliesslich die Teilnahme am Nachwuchswettbewerb Sprungfeder 2013.
Seit 2015 konzentriert sich Bohemian Breakfast voll auf englischsprachige Lieder, nachdem vorher keine Sprache und keine Mundart schlecht genug gewesen war, um nicht für einen Songtext missbraucht zu werden. Die zahlreichen schweizerdeutschen Lieder wurden outsourced, extra hierfür das Nebenprojekt Schliere gegründet. Momentan arbeitet Schliere an einer Neufassung des Schweizerpsalms und einem berndeutschen Doppelalbum über das bäuerliche Leben in der Schweiz während der napoleonischen Kriege und Bohemian Breakfast plant die vollständige Vertonung der Werke Nikolai Gogols (1809-1852).