Henä – «Wart schnäu»
Echt. Henä ist echt. Ein Beweis wäre nicht nötig. Aber weil das Leben seine Geschichten lieber selber schreibt, ist er nun da, dieser Beweis. Er heisst «Wart schnäu» und ist Henäs drittes Album.
«Zyt isch e auti Maschine wo louft u louft louft», sangen die Mundart-Legenden von Züri West einst. Noch ist Henä keine dieser grossen Legenden, die das Bernbiet in den letzten 50 Jahren hervorgebracht hat. Aber mit seinem dritten Album «Wart schnäu» festigt der musikalische Spätzünder seinen Status in der Szene – weg vom Newcomer, dessen Umstieg von der Berufs- in die Musik-Welt bisweilen zurückhaltend beobachtet wurde, hin zur festen Grösse in einer Szene, die die so kreativ und mit viel Lust einen Weg sucht zwischen den alten Helden und neuer Gegenwart.
Wer in «Wart schnäu» Anklänge von Span, Peter Reber oder George hören will, der soll das bitte tun. Henä dürfte sich geehrt fühlen. Denn sein drittes Album war alles andere als ein Selbstläufer. Gut möglich, dass «Wart schnäu» gedanklich etwas tiefer geht, als die Vorgänger «Mängisch» und «Weniger isch meh» - auch wenn der Opener «Robin Hood» mit einem guten Hauch von positiv-subversiver Power loslegt oder «Robinson» so herrlich unbeschwert, wenn nicht gar leicht naiv, von der viel zitierten einsamen Insel träumt. Es sind Songs wie «Stärnechind», «Nöis Gleis» oder auch der Titelsong «Wart schnäu», die fühlen lassen, dass Henä viel Zeit zum Nachdenken in sein neues Projekt investiert hat.
Er war zügig gestartet, der Mitvierziger, der im Berner Oberland aufgewachsen ist und heute im Seeland lebt, mit zwei erfolgreichen Alben in weniger als anderthalb Jahren, dazu gut besuchte und noch besser gefeierte Konzerte. Doch das Alter geht auch an Männern im besten Alter nicht spurlos vorbei. So war rasch – und lange vor Corona – klar, dass «Wart schnäu» nicht nur ein neuer Song sein würde, sondern auch der Titel des neuen Albums. Und dass diese Bereitschaft, inne zu halten und durchzuatmen, nicht nur Beigabe, sondern Programm sein würde auf dem dritten Longplayer. Weil Henä halt eben kein Showmän ist, sondern durch und durch echt. Dass Corona das Warten auf neuen Sound von Henä derart verlängern sollte, hätte natürlich niemand gebraucht. Aber letztlich sind wir eben doch nicht ganz alleine Herren und Herrinnen über unsere Geschichten. Das Leben schreibt gerne selber mit.
Kurzum: Henä präsentiert sich auf «Wart schnäu» vielleicht eine Spur nachdenklicher als auch schon – aber nicht minder gut gelaunt, musikalisch kreativ und unglaublich breit aufgestellt. Was wohl auch damit zu tun hat, dass er in seiner Crew mittlerweile Musiker und Produzenten am Start hat, die schon mit renommierten Künstlerinnen und Künstlern im ganzen Land gearbeitet haben. Stefan Bregy amtet als Tasten-Virtuose an Piano und Akkordeon sowie als musikalischer Leiter, Michael «Kuschi» Kuster spielt die Gitarre, Oli Briguet sitzt am Schlagzeug, Oli Keller am Bass und Joëlle Müller veredelt den Gesang mit ihren Chören. Eine kraftvolle Band, die trotz all des Frust der letzten Monate mit unglaublicher Lust und Leidenschaft und viel positiver Energie zu Werke geht und Henäs Songs den nötigen musikalischen Schub verleiht.
Der stete Wandel in seinem musikalischen Umfeld ist eine der Konstanten in Henäs jüngerem musikalischem Schaffen. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass Henä vieles kann und mag – aber sicher nicht Stillstand. Deshalb bleibt er nicht in altbekannten Mundartrock-Mustern haften. «Du hesch es Lache» oder «I singe jede Tag» etwa flirten keck mit Pop-Elementen aus den grossen 80er-Jahren – und zwar in einem Sound, den sich damals kein Schweizer Mundartrocker getraut hätte. Schon eher im Einklang mit klassischen Mundart-Klischees sind da «Zytlos», «Härz» oder «Jedi Füührwehr» zu sehen – ein Track, den Henä zum 150-Jahr-Jubiläum des Feuerwehrverbandes geschrieben hat.