Musikmosaic
Es gibt immer noch Leute, welche die Kunst des Samplens missbilligen.
Das sei ein zu wenig kreativer Akt, sagen sie. Man verschandle damit
fremdes Eigentum.
Gut. Sie scheinen nicht begriffen zu haben, dass Sampling nicht zuletzt eine Würdigung ist.
Jedes musikalische Fundstück,
jede auch noch so klitzekleine Passage eines Liedes, die per Mausklick oder Tastendruck zerschnitten, gedehnt, verlangsamt, geloopt oder gefiltert wird, muss es überhaupt erstmal wert
sein, bearbeitet zu werden.
Die Auswahl erfordert Fachwissen, ein gutes Gehör und eine grosse Sammlung an spannendem Tonmaterial.
Über all das verfügt der Zürcher Musikproduzent Sterneis.
Seit bald fünfzehn Jahren treibt er mit seinen Beats die Entwicklung der hiesigen HipHop Szene voran, hat neben eigenen Projekten wie Oibel Troibel oder dem «Zürislang Karaoke» Sampler für die besten Schweizer MC’s wie
E.K.R., Greis, PVP, Big Zis, Rokator oder Radio 200'000 produziert. Für Letztere bildete er diesen Sommer als DJ auch auf riesigen Festivalbühnen ein mehr als solides Rückgrat.
Immer wieder und immer öfter taucht Sterneis nun auch in Projekte abseits des Rap ein.
Man munkelt sogar, dass er derzeit im Zürcher Untergrund häufig die Trommeln für eine Punkrock-Band bearbeitet.
Nun gut.
Mit seinem neusten Baby, dem Soloprojekt Mosaic findet er nun zu
den Wurzeln seines Schaffens zurück, arbeitet sich aber zugleich auch bis zu den Knospen und Blüten in der Baumkrone vor. Er kombiniert Versatzstücke alter und neuer Tonaufnahmen, von Soulplatten, von Musicals, von Hörspielen, von knisternden alten Tanzplatten und aus Filmen mit massgeschneiderten Beats und Überblen-
dungen zu neuen, stimmungsreichen Tracks von maximal zwei Minuten Länge. Mal wird man da mit nickendem Kopf zwischen wunderschönen Klavierakkorden und melodischen Streicherbögen hin und her geschickt, mal wird richtig funky
abgehottet, dann flüstern uns kurz ein paar Soulqueens etwas ins Ohr, bevor wir umgeben von Delphinen und grinsenden Pottwalen durch die
Tiefen der Südsee tauchen und dabei die Musik der Zukunft hören.
Und zwischendurch kommt sogar der coole kleine Bruder von Fat Boy Slim
vorbei und droppt einen Beat. Alle 42 Szenen sind mit einander verbunden, zum Teil ineinander verwoben. Es ist, wie wenn man vom Meister selbst eine kleine Führung durchs Kellerstudio
von Sterneis erhalten würde und stets selber mitentscheiden könnte, was sich einem hinter der nächsten Türoffenbart. Mit besten Grüssen an die
Produzentenlegenden Madlib und J-Dilla, die mit verwandten, ebenfalls raplosen Projekten ihre Kreativität auslebten, findet Sterneis hier einen Weg, der verdammt nah am Filmmusikschaffen
liegt.
Die Filme dazu darf jeder selber drehen.